Gerichtsbesuch 9b und 9c
Am 25.Mai 2025 verbrachten die Klassen 9b und 9c in Begleitung ihrer Wirtschaft und Recht Lehrer – Herr Köstler und Frau Wagner – sowie Herrn Betz den Vormittag am Amts- und Landgericht Landshut, um so einen direkten Einblick in die Funktionsweise des Rechtssystems zu bekommen.
Im Laufe des Vormittages wohnten die Jugendlichen sehr unterschiedlichen Verhandlungen bei. Die Klasse 9b schaute durchgängig bei der Verhandlung des Tatvorwurfes der schweren Brandstiftung zu, während die Klasse 9c zunächst zwei Verhandlungen am Amtsgericht und zu guter Letzt noch eine Berufungsverhandlung am Landgericht verfolgen konnte.
In der ersten Verhandlung am Amtsgericht wurde ein Fall von einfacher Körperverletzung als Folge von Alkoholkonsum auf einem Faschingsumzug 2024 verhandelt. Die Schülerinnen und Schüler erfuhren, wie das Gericht Zeugen vernahm und Beweise prüfte. Besonders beeindruckend war die sachliche und strukturierte Gesprächsführung des Richters, der trotz emotionaler und teils widersprüchlicher Aussagen mancher Beteiligten die Verhandlung ruhig leitete.
Die zweite Verhandlung behandelte einen Fall von Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Was in einem Zeitungs- oder Fernsehbericht so unnahbar klingt, bekam nun im Gerichtssaal ein Gesicht. Ein junger Mann hatte sich geschämt gegenüber seinen Eltern zuzugeben, das Studium nicht geschafft zu haben und hatte deshalb die Immatrikulationsbescheinigung gefälscht, um weiterhin in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert zu sein. Viele Begriffe aus dem BWR und WR-Unterricht wurden hier auf einmal Realität. Der Angeklagte zeigte sich vollumfänglich geständig. Da er bisher noch keine Eintragungen ins Vorstrafenregister hatte, konnte der Richter eine mildere Geldstrafe als von der Staatsanwaltschaft gefordert verhängen und appellierte an den Angeklagten, dies nun als Chance zu nutzen, das Leben in den Griff zu bekommen. Die ehrenamtliche Tätigkeit als Trainer in einem Verein sowie die familiären Umstände flossen in das Urteil ein.
Zu beiden Urteilsverkündungen „Im Namen des Volkes …“ erhoben sich alle Anwesenden im Gerichtssaal. Ein besonderer Moment für unsere Schülerinnen und Schüler. Nach beiden Verhandlungen nahm sich Richter Brümmer Zeit, um den Jugendlichen die Urteile und seine Arbeitsweise zu erklären.
Die letzte Verhandlung des Vormittages – nun im ersten Stock am Landgericht – betraf einen Angeklagten, dem vorgeworfen wurde, ohne Fahrerlaubnis ein Fahrzeug geführt zu haben und hierfür zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Dagegen wollte er vor dem Schöffengericht Berufung einlegen. In einem anderen Verfahren hatte er bereits wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetztes eine Haftstrafe erhalten. Auch hier wurde den Schülern die Reichweite der Tat bewusst: Der Angeklagt konnte seinen Beruf nicht mehr ausüben, hatte demzufolge Schulden angehäuft und kämpfte seit Jahren vergeblich gegen seine Canabissucht. Nun wollte er sein Leben in den Griff bekommen und mithilfe seines Anwaltes die Haftstrafe zumindest in den offenen Vollzug umwandeln. Der Richter lehnte dies jedoch ab, riet dem Angeklagten eindringlich dazu die Hilfestellungen in der JVA (Justizvollzugsanstalt) zu nutzen: Suchtberatung, Sozialer Dienst, ja sogar das Erlernen eines Berufes ist währen einer Freiheitsstrafe möglich und dient der Resozialisierung eines Straftäters. Die Klasse war sichtlich beeindruckt einem Menschen begegnet zu sein, der tatsächlich ins Gefängnis muss. Auch nach dieser Verhandlung nahm sich der vorsitzende Richter Zeit für Fragen und wünschte den Jugendlichen nur ein „Wiedersehen“ sofern sie später einmal am Gericht arbeiten würden.
Der Vormittag am Gericht war nicht nur eine willkommene Abwechslung vom Schulalltag, sondern für alle Teilnehmenden eine spannende und lehrreiche Erfahrung. Die Schülerinnen und Schüler konnten erleben, wie Rechtsstaatlichkeit konkret umgesetzt wird, wie fair und nachvollziehbar Urteile zustande kommen und welche Rolle die verschiedenen Akteure im Gerichtssaal – Richter, Staatsanwälte und Anwälte spielen und dass Recht und Gerechtigkeit keine abstrakten Begriffe sind, sondern eine zentrale Rolle unseres alltäglichen Miteinanders sind.
Wir bedanken uns herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justizbehörden Landshut, die den Besuch ermöglicht und offen für Fragen der Jugendlichen waren.
